Wer als beamteter Lehrer in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit des „Kalten Kriegs“ Post aus der Sowjetunion erhielt, konnte nicht ausschließen, ins Visier des Verfassungsschutzes zu geraten. Noch Mitte der 1980er Jahre musste z.B. ein Rechtsreferendar aufgrund des seinerzeitigen Status als Beamter auf Widerruf eine geplante Urlaubsreise in ein Land jenseits des „Eisernen Vorhangs“ anzeigen. - Im 19. Jahrhundert war der Postverkehr zwischen Russland und einem Mitgliedsstaat des damaligen Deutschen Bunds hingegen recht unproblematisch. Hier achteten eher die russischen „Genzer“ darauf, dass keine verbotene politische Literatur ins Zarenreich gelangte. Viele Deutsche waren nach Russland ausgewandert. Prinzessin Luise, die Schwester des späteren Großherzogs Karl von Baden, war mit Zar Alexander I. verheiratet, und auch die späteren Zaren ehelichten mit Ausnahme von Alexander III. Prinzessinnen aus deutschen Fürstenhäusern. Hans Leopold Zollner beschrieb in seinem 1981 erschienenen Buch „Greif und Zarenadler“ über 200 Jahre badisch-russischer Beziehungen u.a. von der Brautschau Luises durch Katharina die Große bis zur Flucht Lenins 1917 über badische Bahngleise.- Daher nahm niemand Anstoß an dem hier abgebildeten Poststück aus dem Jahre 1869, welches aus der damaligen russischen Hauptstadt St. Petersburg „vor die Tore“ Karlsruhes und damit zu den „badischen Greifen“ gesandt wurde:

29 1869 RusslandDer chamois-farbene Umschlag (der einst eingelegte Brief ist nicht mehr vorhanden) ist mit 3 russischen Freimarken der Ausgaben ab 1866 zu 1 Kopeke schwarz/gelb, 3 K schwarz/grün und 10 K braun/blau frankiert, die jeweils das russische Staatswappen in Form des bekrönten Doppeladlers als Motiv besitzen. Sie bilden zusammen eine hübsche Trikolore-Frankatur zu 14 Kopeken, die dem Portosatz für einen Brief von Russland in die deutschen Einzelstaaten entsprach. Die einwandfrei gezähnten und farbfrischen Marken sind mit 2 ovalen Stempeln „C.П.Б“ (= S.P.B.= St. Petersburg) entwertet. Der St. Petersburger Ortsstempel vom 5.8.1869 ist zusätzlich unten rechts abgeschlagen, wobei dieses Datum nach jul. Kalender dem 17.8.1869 greg. Zeitrechnung entspricht. Demgemäß datiert der oben rechts sehr klar abgeschlagene rote Grenzübergangsstempel „Aus Russland über Bur(eau) XI. EDK-BRG“ vom 18.8.1869. Die Ortsabkürzungen stehen für Eydtkuhnen-Bromberg, denn Eydtkuhnen war die Endstation der Preußischen Ostbahn. Wegen der russischen Breitspurbahnen mussten Passagiere und Frachtgüter aus Russland in Eydtkuhnen den russischen Zug verlassen, um in einem preußischen Zug mit normaler Spurweite weiterbefördert zu werden. So geschah es auch mit unserem an „Herrn Lehrer Ch.E.Mezger in Grünwettersbach bei Durlach (Großherzogtum Baden)“ gerichteten Brief, der via Heidelberg (20.8.) noch am 20.8.1869 nach Durlach gelangte, das seit 1938 ein Stadtteil Karlsruhes ist, so wie auch Grünwettersbach seit 1975. Die Laufzeit unseres schönen Briefs betrug somit nur 3 Tage, heute kaum noch vorstellbar, insbesondere im Zuge der westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs.

Als Schwedens König Gustaf V. (16.6.1858-29.10.1950) am 16.6.1928 seinen 70. Geburtstag beging, bedachte ihn die schwedische Post mit 5 Sondermarken und damit einem philatelistischen „Happy Birthday to Gustaf“. Für Männer der damaligen Zeit hatte der seit 1907 regierende König schon ein überdurchschnittliches Alter erreicht, doch konnte niemand ahnen, dass Gustaf V. noch die weiteren Geburtstags-Jubiläumsmarken zu seinem 80., 85. und sogar 90. Geburtstag erleben würde, wobei 1933 zum 75. Geburtstag erstaunlicherweise keine philatelistische Ehrung erfolgte. Der König, von hagerer Gestalt, jeden Pomp verabscheuend, war ein ausgezeichneter Tennisspieler und wurde u.a. von Gottfried von Cramm trainiert. Seine Ehe mit Prinzessin Victoria von Baden, aus der 3 Kinder, darunter der spätere Gustaf VI. Adolf, der Großvater des heutigen Königs Carl XVI. Gustaf, hervorgingen, erfolgte primär aus dynastischen Gründen, denn die Eheleute entfremdeten sich recht bald, wohl auch durch homosexuelle Neigungen des Königs bedingt. Obwohl der König schwedisches Staatsoberhaupt war, hatte er aufgrund der Verfassung nur mäßigen politischen Einfluss. Allerdings warf man ihm während und nach dem 2. Weltkrieg eine „deutschfreundliche“ Haltung gegenüber der NS-Regierung vor, wie in der Dramaserie von 2020 „Atlantic Crossing“ wohl realistisch dargestellt. Immerhin konnte Gustaf V. -anders als die skandinavischen „Bruderstaaten“ Dänemark und Norwegen- eine deutsche Besetzung verhindern und Schwedens Neutralität wie bereits im 1. Weltkrieg aufrechterhalten.- Auf dem nachstehend abgebildeten Einschreibe-Couvert aus dem Jahre 1928 finden wir alle 5 Satzmarken, die zum 70. Geburtstag des Königs verausgabt wurden, vereint:
32 1928 Schweden Die Anordnung der Marken ist etwas durcheinander geraten und nicht durchgängig an den einzelnen Wertstufen orientiert, wobei die freien Flächen des verhältnismäßig kleinen Umschlags nicht viel „Klebefläche“ boten. Die Frankatur besteht aus der 5 Öre grün, der 10 Ö violett, der 15 Ö rot, der 20 Ö orange und der 25 Ö blau, zusammen 75 Ö für einen Einschreibebrief in die USA. Das einheitliche Markenmotiv besteht vornehmlich aus der Büste des Jubilars in Uniform halb nach links gerichtet mit den Jubiläumsjahren „1858-1928“. Alle Marken sind sauber und gesichtsfrei je unten rechts über Eck mit dem Fingerhutstempel „STOCKHOLM PFFS“, dem Stempel der Versandstelle für Sammlermarken („för samlare“), vom 10.12.1928 entwertet. Auftraggeber und Empfänger dieses vorbestellten Sammlerbriefs war das Briefmarkenhandelsunternehmen „Toledo Stamp Co.“ in Toledo, Ohio, USA. Eine entsprechende Firmenvignette oben links bildet mit den Marken und dem Einschreibezettel einen sehr gefälligen Kontrast. Im amerikanischen Toledo, nicht zu verwechseln mit dem berühmten spanischen Toledo, traf die wunderschöne Buntfrankatur gemäß rückseitigem Ankunftsstempel via New York (Transitstempel vom 20.12.) am 21.12.1928, somit unmittelbar vor Weihnachten ein.

Dänemark und die rund 3300 km südwestlich gelegene Insel Madeira haben wenig gemein: Madeira liegt zwar im Atlantik, an den auch Dänemark über die Nordsee als Randmeer des Atlantiks grenzt, aber damit enden eigentlich schon die Gemeinsamkeiten, denn das flache berglose Dänemark kann nicht mit Madeiras Bergen von bis zu 1862 m Höhe und natürlich noch weniger mit dem subtropischen milden Klima und seiner üppigen Vegetation, vor allem an Madeiras Südküste konkurrieren. Doch gilt das weitgehend auch für die Britischen Inseln, weshalb viele Touristen aus Großbritannien schon seit langem Madeira als Urlaubsziel bis in unsere Tage wählen. Aus wohl demselben Grund waren natürlich auch schon viele Dänen zu Gast auf Madeira und schrieben Urlaubsgrüße in ihre eher frische, windige und feuchte Heimat im Norden. Briefe von Dänemark nach Madeira sind hingegen weit seltener zu finden, doch hatte das hier abgebildete Poststück, das 1926 von Kopenhagen aus versandt wurde, Portugals „atlantischen Vorposten“ als Destination:

31 1926 Dänemark
Das sehr gut erhaltene Einschreibe-Couvert ist geradezu „bilderbuchmäßig“ akkurat mit 9 dänischen Briefmarken, davon 8 verschiedenen Werten in 6 verschiedenen Farben frankiert. Es handelt sich ausschließlich um sog. Überdruckmarken, also frühere Ausgaben mit dem dänischen Wappen oder dem Portrait von König Christian X., die mit dem neuen schwarz überdruckten Wert versehen wurden. Bei 8 Marken lautet der neue Frankaturwert auf „7 ØRE“, nur bei 1 Wert auf 12 Ø, was eine Gesamtfrankatur von 68 Ø ergibt. 1926 feierte die dänische Post „75 Jahre dänische Briefmarken“, nachdem Dänemark als erstes aller skandinavischen Länder bereits 1851 seine erste Briefmarke verausgabt hatte. Gleichzeitig wurden die Portostufen für Inlandsbriefe auf 7 bzw. 12 Ø gesenkt, weshalb noch vorhandene Restwerte früherer Frei- und Dienstmarken mit dem neuen Wert jeweils überdruckt wurden, wie sie Bestandteile der hübschen Buntfrankatur sind, wobei allerdings die beiden seltensten Werte der überdruckten Dienstmarken fehlen. Im Jubiläumsjahr 1926 wurden die Marken mit dem Kopenhagener Ausstellungs-Sonderstempel „KØBENHAVN FRIM.JUB.UDST.“ (= „Frimærkers Jubilæums Udstilling“) entwertet, jedoch an 2 verschiedenen Tagen, nämlich am 19.4. und 22.4. Empfängerin des Einschreibens war „Madame Wera da Cunha Telles, Funchal, Madeira“, wobei diese „Wera auf Madeira“ die herrliche Sammler-Frankatur mit Sicherheit beim Absender „Poul Petersen“ in Kopenhagen bestellt hatte. Der Umschlag nahm seinen Weg von Kopenhagen aus gemäß rückseitigen Transitstempeln mit der Fähre bis Saßnitz und per Bahnpost über Hamburg und Bremen (Ankunft je am 23.4.1926), schließlich zu Schiff „Via England“ und dann wohl über Lissabon bis zu „Wera auf Madeira“, wobei das dortige Ankunftsdatum in Ermangelung eines rückseitigen Ankunftsstempels leider unbekannt bleibt.

Saloniki, heute als Thessaloniki Griechenlands zweitgrößte Stadt, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, wie zahlreiche antike Ausgrabungsstätten in der Stadt zeigen. Insbesondere der römische Kaiser Galerius ließ sich hier um 300 n.Chr. eine Palastanlage und ein Mausoleum errichten. Vor allem hinterließen aber die Türken, die die Stadt 1430 erobert hatten und dort bis 1912/13 herrschten, viele Spuren, neben dem Geburtshaus Atatürks z.B. den um 1535 erbauten und an der Uferpromenade gelegenen „Weißen Turm“ (λευκός πύργος), das heutige Wahrzeichen der Stadt und einst Teil der Befestigungsanlage und Gefängnis.- Seit 1857 war Frankreich vom Osmanischen Reich, das erst zum 1.7.1875 dem Weltpostverein beitrat, gestattet, in Saloniki wie auch in zahlreichen Hafenstädten der Levante ein eigenes französisches Postamt zu betreiben und damit den Postverkehr mit dem Ausland, insbesondere mit Frankreich abzuwickeln. Vor 1885 griff man hierbei auf die Marken des französischen Mutterlandes zurück, wie der hier abgebildete Faltbrief aus dem Jahre 1864 eindrucksvoll dokumentiert:
 18 1864 Frankreich1

Der hellblaue Geschäftsbrief ist mit 7 französischen Dauermarken des Second Empire von Kaiser Napoleon III. frankiert und beschert dem Sammler damit „7 auf einen Streich“. Besonders springt hierbei der am oberen Briefrand horizontal verklebte vertikale Fünferstreifen der 20 Centimes blau der gezähnten Ausgabe mit dem Portrait Kaiser Napoleons III. (20.4.1808-9.1.1873; reg. 1852-1870) ohne Kranz („Tête nue“) ins Auge. Zu diesem Streifen gesellte sich noch ein Einzelstück des gleichen Werts, denn für einen vertikalen Sechserstreifen hätte der Platz nicht ausgereicht, außerdem die 40 C orange der gleichen Ausgabe im linken unteren Eck. Alle Marken sind einzeln mit dem Punktrhombenstempel der „Gros Chiffres“ mit der Nummer „5095“ entwertet, die für Saloniki vergeben worden war. Die Nummernvergabe der „5000er“ und „5100er“ dieser Stempel erfolgte nämlich alphabetisch nach dem Anfangsbuchstaben der Stadt des jeweiligen Postamts, weshalb z.B. Rhodos die „5094“ und Smyrna (= heute Izmir) die „5098“ erhalten hatte. Zusätzlich ist der Doppelkreisortsstempel „Salonique, Turquie“ vom 6.9.1864 abgeschlagen. Absender war die in Saloniki ansässige Firma „Carissi Fils & Cie.“, wie der blaue ovale Firmenstempel belegt. Der Brief wurde an einen Geschäftspartner nach Genua („Gênes“) gerichtet und dorthin mit einem französischen Postdampfer befördert, wie der hellrote Stempel „Piroscafi Postali Francesi“ verdeutlicht. Laut rückseitigem Ankunftsstempel kam unser Brief am 15.9.1864 in „Genova“ an. Das Gesamtporto dorthin betrug 1,60 Francs, dem damals gültigen Tarif für einen Brief der 2. Gewichtsklasse. Insgesamt handelt es sich um einen sehr hübschen Beleg, vor allem wegen des gelungenen optischen Zusammenspiels von Marken, Farben, Stempeln und der schönen Handschrift des Absenders, kurzum um ein Stück mit viel Charme.

Sonntag, 16 Februar 2025 21:18

Frankreich 1853: „Ganz Große Koalition“

Über 60 Jahre lang kannte man in der Bundesrepublik Deutschland auf Bundesebene keine Regierungskoalitionen aus 3 Parteien, sofern man die CSU aufgrund ihrer Fraktionsgemeinschaft mit der CDU nicht extra zählt. Erst die „Ampelregierung“ ab Ende 2021 begründete eine 3-Parteien-Koalition, was aber kein „Novum“ darstellt, regierte doch auch Adenauer von 1949-1957 mit 3er- oder sogar 4er-Bündnissen, und während der Weimarer Republik bildeten SPD, Zentrum und DDP die sog. Weimarer Koalition. Unter einer „Großen Koalition“ verstand man bisher nur „Schwarz-Rot“ oder „Rot-Schwarz“, aber eine „Ganz Große Koalition“, also einen „Mix aus Rot, Schwarz und Grün“ (= „Kenia“- oder „Afghanistan“-Koalition) gab es auf Bundesebene noch nicht.- In der Philatelie bedarf es jedoch sehr häufig „Koalitionen“, die sich aus mehreren Briefmarken bilden, besonders dann, wenn der Höchstwert einer Freimarkenserie für den erforderlichen Tarif nicht ausreichte. Ein besonders schönes Beispiel hierfür dürfen wir mit der hier abgebildeten französischen „Ganz Großen Koalition“ aus dem Jahre 1853 präsentieren:
17 1853 Frankreich

Die Faltbriefhülle ist mit 3 Werten der 1. Briefmarkenausgabe Frankreichs frankiert, die die Darstellung der Göttin Cérès zum Motiv hat (sog. Cérès-Ausgabe). Sie symbolisiert hier zugleich die 1848 ausgerufene 2. Republik, an deren Spitze ab Ende 1848 Präsident Louis-Napoléon Bonaparte, ein Neffe Napoleons I., stand, der 1852 als Napoleon III. französischer Kaiser wurde. Der Brief ist mit der 1 Franc karmin, der 20 Centimes schwarz sowie der 15 C grün frankiert, die damit eine „Rot-Schwarz-Grüne Koalition“ bilden, um als Frankatur dieses Briefs von Paris nach New York zu dienen. Das Porto dorthin für einen Brief der 1. Gewichtsstufe betrug 1,30 F und wurde üblicherweise mit der 1 F karmin und 3 Marken der 10 C gelbbraun entrichtet, wobei in Paris mithilfe der grünen 15 C-Stadtpostmarke auch eine Kombination der 1 F karmin mit 2 Exemplaren der 15 C grün möglich war. Sehr selten gelangte ein „Trio“ aus der 1 F karmin, der 20 C schwarz und der 10 C gelbbraun zum Einsatz, weil der Postbeamte dann aus 3 verschiedenen Schalterbögen die Marken mit der Schere hätte herausschneiden müssen. Genauso zeitraubend war aber auch unsere hier vorliegende „Dreierkoalition“, die offenbar in Ermangelung von 10 C-Marken entstand, denn die Frankatursumme betrug 1,35 F und damit 5 C zuviel, so dass diese „Kombi“ außerordentlich selten ist. Die Marken sind mit einem Rollenpunktstempel („Roulettes de petits points sans fin“) entwertet. Daneben ist der Pariser Ortsdoppelkreisstempel vom 19.1.1853 abgeschlagen. Der Brief wurde via Liverpool mit einem dort am 22.1.1853 auslaufenden britischen Dampfer bis Boston und dann weiter nach New York befördert. Über die 15 C grün gehend sehen wir den Bostoner Ankunftsstempel vom 6.2.1853. Absender unseres Briefs mit seiner ungewöhnlichen, aber bildhübschen Frankatur war François Robert Boreel (1806-1869), der 1834 Sarah Astor Langdon, eine Enkelin des legendären ursprünglich aus Walldorf stammenden John Jacob Astor (1763-1848; „Waldorf Astoria“), geheiratet hatte.

Einen „Sechser“ beim Würfeln oder gar beim Lotto, nicht hingegen als Schulzensur, wünscht sich wohl jeder, nicht nur Fahrer eines Audi A 6 oder der 6er-Reihe von BMW. Bei Briefmarken handelt es sich bei einem „Sechser“ entweder um einen Sechserblock oder einen Sechserstreifen, letzterer im Englischen -bar aller Erotik- „Strip of Six“ genannt. Solche großen Einheiten sind bei klassischen Briefmarken selten. Sie sind folglich von Sammlern sehr gesucht. Mit einem solchen „Strip of Six“ von Australiens britischer Kolonie New South Wales aus dem Jahre 1863 wollen wir uns im Folgenden befassen:
10 1863 Australien

Der hellblaue, an den Rändern teils gebräunte Umschlag ist mit einem waagerechten Sechserstreifen der ab 1860 verausgabten 1 Penny scharlachrot in Zähnung „13“ frankiert. New South Wales, die einstige Sträflingskolonie, hatte bereits zum 1.1.1850 eigene Briefmarken verausgabt, die Ansichten seiner Hauptstadt Sydney zum Motiv hatten. Doch mit den Ausgaben ab 1851 rückte Königin Victoria (24.5.1819-22.1.1901; reg. seit 1837) auch auf den Marken von Neusüdwales „ins Bild“, so dass auch die Marken unseres Sechserstreifens den Kopf der Königin mit einem Diadem zeigen. Die Beschriftung beschränkt sich mit „NEW SOUTH WALES“, „POSTAGE“ und „ONE PENNY“ auf die „Essentialia“ einer Marke, also Herkunftsbezeichnung, Kennzeichnung als Postwertzeichen und Angabe des Frankaturwerts. Das entrichtete Porto lag somit bei 6 Pence, also einem halben Shilling. Dieses hätte auch mit einer einzigen Briefmarke zu 6 P, also ebenfalls mit einem „Sechser“ entrichtet werden können, doch ist der „scharlachrote Sechser“ eine regelrechte Augenweide für den Betrachter. Die Marken sind mit dem Nummernstempel „245“ entwertet, der zum Städtchen Hay gehört, das heute rund 2200 Einwohner zählt. Am Nordufer des Murrumbidgee River und einer wichtigen Furt der dortigen Viehtriebsroute zum Südufer gelegen, hatten schon die Gebrüder Lang als Pächter die Bedeutung dieser Lage erkannt, weshalb der Ort zunächst „Lang‘s Crossing“ hieß, bevor er Anfang 1861, mittlerweile auch eine Anlegestelle für Dampfschiffe, in „Hay“ umbenannt wurde. Immerhin bekamen dessen knapp 200 Seelen 1859 ein eigenes Postamt, auf dem dann unser Brief am 6.8.1863 eingeliefert wurde, wie der rückseitige Ortsstempel „HAY, N[EW] S[OUTH] W[ALES]“ belegt. Absender war George Clement Boase (1829-1897), ein aus Cornwall stammender Buchhändler und Antiquar. Das Poststück war an einen Empfänger in Melbournes Collins Street gerichtet, noch heute eine Hauptstraße dieser australischen Metropole. Unser Brief nahm seinen ca. 420 km langen Weg direkt nach Süden über Deniliquin (7.8.) und Moama (ebenfalls 7.8.) und traf am 10.8.1863 nach insgesamt 4 Tagen in Melbourne ein. - Nach 10 Jahren in Australien als Hauslehrer und Zeitungskorrespondent bekam George Clement Boase offenbar Heimweh, denn er kehrte bereits 1864 nach London zurück, wo er fortan die Firma Whitehead & Co. leitete. In Australien hatte er wohl nur philatelistisch einen „Sechser“ gefunden.

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