Österreich 1850: „Braune Unschuld“

Während die Farben Rot, Schwarz, Grün und Gelb im politischen Parteienalltag Deutschlands seit langem eine Selbstverständlichkeit sind und sogar bei Koalitionsüberlegungen nach dem farblichen Vorbild mancher Nationalflagge eine Rolle spielen, ist die Farbe „Braun“ auf diesem Gebiet zu Recht ein „No Go“, steht doch „Braun“ hier für NS-Gedankengut, dies wegen der braunen Hemden der SA-Männer, der sog. „Braunhemden“. Die schwarze Farbe der SS-Vorkriegsuniformen oder Mussolinis „Schwarzhemden“ haben hingegen der Farbe „Schwarz“ nicht geschadet.- Mitte des 19. Jahrhunderts, als die ersten Briefmarken diverser Postverwaltungen das Licht der Welt erblickten, verband man mit der Farbe „Braun“ als Farbe der Erdverbundenheit noch keine politischen Gedanken. Die jeweilige „Nr. 1“ der Ausgaben Badens, Belgiens, Dänemarks und Russlands waren braun, in Frankreich zumindest gelbbraun, und spätestens mit der 2. Ausgabenserie hatte fast jedes Land seinen „Brownie“. Mit der Wappenausgabe von 1850, die den Habsburger Doppeladler zeigt, erschienen in Österreich 5 Werte zu 1, 2, 3, 6 und 9 Kreuzer, von denen der Wert zu 6 Kr in brauner Farbe gedruckt wurde. Ein Viererblock dieser „braunen Österreicherin“ ist nachstehend abgebildet:

8 1850 Österreich

Der farbfrische Viererblock gehört zur sog. Handpapier-Erstauflage, die höher als die etwas spätere Maschinenpapier-Auflage im Michel-Katalog wertet. Als Einzelmarke ist sie trotzdem leicht und für wenig Geld zu erwerben, doch sind nur wenige Markenblocks erhalten geblieben. Der Block ist bis auf die obere rechte, aber noch vollrandige Marke allseits gleichmäßig breitrandig geschnitten, wobei 2 sog. Vortrennschnitte im Markenzwischenraum oben und links das Gesamtbild nicht trüben, ebensowenig ein waagerechter geglätteter Bug durch das untere Paar. Die Abstempelung besteht aus einem kompletten und zwei Teilabdrucken des schwarzen Zweikreisstempels „Szegedin 5/8“. Da Ungarn erst ab 1871 eigene Briefmarken besaß, galten zuvor dort die Marken des Kaiserreichs Österreich, somit auch in Szegedin, ung. Szeged, ca. 175 km südöstlich von Budapest an der Grenze zu Serbien gelegen und heute die drittgrößte Stadt Ungarns. Die ungarischen Stempel zeigten damals das Datum (hier: 5.8.) ohne Jahreszahl, besaßen aber dafür im unteren Bereich ein hübsches girlandenartiges Zierfeld als Pendant zur oberen Ortsangabe. Bei unserem Block handelt es sich gemäß dem Attest des bekannten Fachprüfers Dr. Ulrich Ferchenbauer “um ein optisch ansprechendes Stück dieser seltenen Einheit“, zugleich um eine „braune Unschuld“, wie etwa bei der „Bräune“, die vom Besuch am Strand oder im Sonnenstudio herrührt.

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