Serbien 1903: Königlicher Doppelmord

Christopher Clark, der aus Australien stammende und an der Universität Cambridge lehrende Geschichtsprofessor, der auch im ZDF bereits einige historische Sendereihen in seiner bekannt distinguierten und sympathischen Art moderierte, beginnt sein bekanntes Sachbuch „Die Schlafwandler“ auf der Suche nach den Ursachen des 1. Weltkriegs mit der ausführlichen Schilderung der grausamen Ermordung des serbischen Königspaares am 11.6.1903.  König Alexander/Aleksandar aus dem Fürstenhaus Obrenović (Александар Обренович; 14.8.1876-11.6.1903; reg. seit 1889) hatte mit 12 Jahren nach der Abdankung seines Vaters Milan 1889 den Thron bestiegen und stand zunächst unter einer Regentschaft, bis er 1893 selbst die Regierung übernahm. Doch war die Herrschaft der Obrenović und ihrer Österreich- freundlichen Politik der rivalisierenden Fürstenfamilie Karageorgević/Karadjordjević  ein Dorn im Auge. Als dann Alexander im Juli 1900 die verwitwete und durch zahllose Affären vorbelastete 15 Jahre ältere Draga Mašin gegen alle Widerstände heiratete, schließlich noch aufgrund der Kinderlosigkeit der Ehe Dragas Bruder zum Thronfolger ernannte, war für das Belgrader Offizierscorps das Maß voll. Am späten Abend des 11.6.1903 drangen 28 Offiziere in den Belgrader Königspalast ein. Alexander und Draga, die sich hinter einer Geheimtür versteckt hatten, wurden entdeckt und von Kugeln durchsiebt, und ihre Leichen bestialisch verstümmelt aus dem Fenster geworfen. Der Hass auf König Alexander, dessen Nachfolger Peter/Petar I. Karadjordjević war, zeigte sich auch in einer Briefmarkenserie von Ende Juni 1903, von der 5 Exemplare auf folgendem Brief frankiert wurden:
               

29 1903 Serbien
Der rückseitig mit „D & S“ gesiegelte Umschlag, der am 9.8.1903 in Serbiens Hauptstadt Belgrad aufgegeben wurde, hatte Ägypten zum Ziel, eine für einen serbischen Brief damals eher ungewöhnliche und damit seltene Destination. Empfänger war die Gesundheitsbehörde des Kairoer Innenministeriums. Die 5 Briefmarken lassen auf den ersten Blick kein Motiv erkennen, was jedoch beabsichtigt war. Es handelt sich nämlich um einen Teil der letzten, nicht mehr zur Ausgabe gelangten Markenserie mit dem Portrait des fast zeitgleich ermordeten Königs Alexander im Markenmedaillon. Um den verhassten König auch noch bildlich „auszumerzen“, ließ die Post sein Portrait mit dem serbischen Wappen überdrucken, um die Druckkosten der schon fertigen Auflage nicht verloren zu geben, passend übrigens zu Ägypten, denn dessen Pharao Thutmosis III. soll um 1450 v. Chr. das Ausmeiseln der Darstellungen seiner Vorgängerin Hatschepsut angeordnet haben. Die Marken zu 5 Para grün, 10 P rosa, 15 P olivgrau, 20 P gelborange und 25 P blau mit jeweils schwarzgrauem Mittelfeld sind akkurat nebeneinander geklebt und paarweise mit Belgrads Ortsdoppelkreisstempel vom 9.8.1903 sauber entwertet. Das ungewöhnliche Poststück kam laut rückseitigem Ankunftsstempel am 31.8. in „Caire“ bzw. „El Kahira“ im „Land der Pharaonen“ an.- Serbiens Politik war unter König Peter I. fortan gegen Österreich- Ungarn gerichtet, für Clark ein wichtiger Faktor für den Ausbruch des 1. Weltkriegs.

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