Montenegro, das „Land des Schwarzen Berges“, frühere Teilrepublik Jugoslawiens, zwischen Kroatien, Bosnien und Albanien gelegen, erfreut sich im Sommer vieler Badetouristen, aber auch zahlreicher Kreuzfahrtschiffe, die in der engen Bucht von Kotor/Cattaro ihren Passagieren den Eindruck eines norwegischen Fjords am Mittelmeer vermitteln können. Dass das seit 2006 endgültig unabhängige Land aber bereits bis 1918 selbstständig war, wissen nur die wenigsten. Es wurde seit 1860 von Fürst Nikola I. (07.10.1841 – 01.03.1921) aus der Herrscherfamilie Petrovic-Njegoš regiert, dem es 1878 gelang, sein Land von der nominellen Oberherrschaft des Osmanischen Reichs zu lösen und der über das kleine Land als absoluter, aber allseits beliebter volksnaher Fürst regierte. Weil er sich gerne in Landestracht kleidete und damit ein wenig an das Klischee-Bild eines Skipetaren erinnerte, wurde er von Kaiser Wilhelm II. wenig schmeichelhaft gerne als „Alter Räuberhauptmann“ betitelt. Er residierte in Cetinje, seiner kleinen Hauptstadt, die noch heute in einer Hochebene, von Bergen umschlossen ziemlich abseits gelegen nicht einfach zu erreichen ist, und daher mit wenig Verkehr und kurzen Wegen noch sehr beschaulich wirkt. Sein „Schloss“ gleicht eher einer Villa und ist heute das „König Nikola-Museum“ mit vielen Originalexponaten, darunter vielen Portraits der damaligen Monarchen Europas. Nikola und seine Frau Milena hatten 12 Kinder, darunter 9 Töchter: Zorka heiratete den späteren König Peter I. von Serbien, Jelena/Elena den späteren König Viktor Emanuel III. von Italien, und zwei Töchter heirateten russische Großfürsten. Montenegro verausgabte ab 1874 eigene Briefmarken, die fast alle Nikola I. in verschiedenen Altersstadien zeigen. 1905 musste Nikola Machtbefugnisse abgeben, als eine Verfassung und ein Landtag eingeführt wurden. Zu diesem Anlass wurde die Markenserie von 1902 mit dem Aufdruck „Constitution 1905“ versehen. Wir zeigen hier einen Brief mit 12 Marken dieser Aufdruckserie, gebildet aus fünf farblich verschiedenen Wertstufen:
Die Marken sind als Paare viererblockartig aufgeklebt und jedes „Quartett“ zentral mit dem Zweikreisstempel von Cetinje, auch auf Französisch „Cettigne“ am 19.07.1905 abgestempelt. Der Brief ist in die Schweiz nach Bern gerichtet und kam dort gemäß rückseitigem Ankunftsstempel bereits am 23.07. (wohl via Kotor/Catarro per Schiff über die Adria und Triest, dann mit der Bahn bis Bern) an. Nikola wurde 1910 anlässlich seines 50. Thronjubiläums vom Fürsten zum König erhoben, verließ aber 1916 Montenegro, nachdem österreichische Truppen sein Land besetzt hatten. Er starb im französischen Exil. Sein Sarg wurde 1989 nach Cetinje überführt. Dort ruht er mit Königin Milena in einer kleinen Kapelle, rund 200 m von der einstigen Königsvilla gelegen.