Frankreich 1864: „Aus der Stadt des Weißen Turms“

Saloniki, heute als Thessaloniki Griechenlands zweitgrößte Stadt, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, wie zahlreiche antike Ausgrabungsstätten in der Stadt zeigen. Insbesondere der römische Kaiser Galerius ließ sich hier um 300 n.Chr. eine Palastanlage und ein Mausoleum errichten. Vor allem hinterließen aber die Türken, die die Stadt 1430 erobert hatten und dort bis 1912/13 herrschten, viele Spuren, neben dem Geburtshaus Atatürks z.B. den um 1535 erbauten und an der Uferpromenade gelegenen „Weißen Turm“ (λευκός πύργος), das heutige Wahrzeichen der Stadt und einst Teil der Befestigungsanlage und Gefängnis.- Seit 1857 war Frankreich vom Osmanischen Reich, das erst zum 1.7.1875 dem Weltpostverein beitrat, gestattet, in Saloniki wie auch in zahlreichen Hafenstädten der Levante ein eigenes französisches Postamt zu betreiben und damit den Postverkehr mit dem Ausland, insbesondere mit Frankreich abzuwickeln. Vor 1885 griff man hierbei auf die Marken des französischen Mutterlandes zurück, wie der hier abgebildete Faltbrief aus dem Jahre 1864 eindrucksvoll dokumentiert:
 18 1864 Frankreich1

Der hellblaue Geschäftsbrief ist mit 7 französischen Dauermarken des Second Empire von Kaiser Napoleon III. frankiert und beschert dem Sammler damit „7 auf einen Streich“. Besonders springt hierbei der am oberen Briefrand horizontal verklebte vertikale Fünferstreifen der 20 Centimes blau der gezähnten Ausgabe mit dem Portrait Kaiser Napoleons III. (20.4.1808-9.1.1873; reg. 1852-1870) ohne Kranz („Tête nue“) ins Auge. Zu diesem Streifen gesellte sich noch ein Einzelstück des gleichen Werts, denn für einen vertikalen Sechserstreifen hätte der Platz nicht ausgereicht, außerdem die 40 C orange der gleichen Ausgabe im linken unteren Eck. Alle Marken sind einzeln mit dem Punktrhombenstempel der „Gros Chiffres“ mit der Nummer „5095“ entwertet, die für Saloniki vergeben worden war. Die Nummernvergabe der „5000er“ und „5100er“ dieser Stempel erfolgte nämlich alphabetisch nach dem Anfangsbuchstaben der Stadt des jeweiligen Postamts, weshalb z.B. Rhodos die „5094“ und Smyrna (= heute Izmir) die „5098“ erhalten hatte. Zusätzlich ist der Doppelkreisortsstempel „Salonique, Turquie“ vom 6.9.1864 abgeschlagen. Absender war die in Saloniki ansässige Firma „Carissi Fils & Cie.“, wie der blaue ovale Firmenstempel belegt. Der Brief wurde an einen Geschäftspartner nach Genua („Gênes“) gerichtet und dorthin mit einem französischen Postdampfer befördert, wie der hellrote Stempel „Piroscafi Postali Francesi“ verdeutlicht. Laut rückseitigem Ankunftsstempel kam unser Brief am 15.9.1864 in „Genova“ an. Das Gesamtporto dorthin betrug 1,60 Francs, dem damals gültigen Tarif für einen Brief der 2. Gewichtsklasse. Insgesamt handelt es sich um einen sehr hübschen Beleg, vor allem wegen des gelungenen optischen Zusammenspiels von Marken, Farben, Stempeln und der schönen Handschrift des Absenders, kurzum um ein Stück mit viel Charme.

free joomla templatesjoomla templates
2025  Briefmarkensammler-Verein e.V. Ettlingen