Das Portrait des mexikanischen Nationalhelden Miguel Hidalgo (8.5.1773-30.7.1811), der mit vollem Namen Miguel Gregorio Antonio Ignacio Hidalgo y Costilla y Gallaga Mondarte Villaseñor hieß, war auf Mexikos ersten Briefmarken ab 1856 das beherrschende Motiv. Mit Hidalgo als geistigem Vater der Unabhängigkeit Mexikos konnte sich die Republik offenbar wesentlich besser identifizieren als mit ihren diversen nur kurz amtierenden Präsidenten, die sich nach der letzten Amtszeit des langjährigen Präsidenten Santa Anna (1794-1876) ab 1855 in schneller Folge bis zum Amtsantritt von Benito Juárez (1806-1872) quasi die Klinke des Palacio Nacional der Hauptstadt in die Hand drückten oder gerade dies verhindern wollten. Die erste Freimarkenserie von 1856 bestand aus den 5 Werten zu 1/2 Real blau, 1 R gelb, 2 Reales grün, 4 R rot und 8 R lila, wobei die Auflagenzahlen der beiden Höchstwerte deutlich geringer war, weil diese Werte seltener benötigt wurden, denn das Briefporto für einen Standardbrief lag bei 2 Reales. Mit einem Brief, der mit einer Marke dieser Erstausgaben frankiert ist, wollen wir uns hier befassen:
Der hellblaue, leichte Beförderungs- und Gebrauchsspuren aufweisende Faltbrief ist mit einem um 90 Grad gedreht aufgeklebten Exemplar der 4 R rot frankiert. Die allseits gleichmäßig breitrandig geschnittene Marke zeigt das Brustbild Hidalgos, der hier nicht in seinem Beruf als Priester, sondern im Frack eines Gelehrten oder gar Staatsmanns, der er jedoch zu Lebzeiten nicht war, dargestellt ist. Der rechts senkrecht aufgebrachte Bezirksaufdruck lautet „VERACRUZ“. Passend dazu ist der Ortsstempel der wichtigen Hafenstadt Veracruz vom „ABRIL 5“ [1861] zentrisch abgeschlagen, jedoch so schwach, dass Hidalgos Portrait kaum verdeckt wird. Damit stammt die Frankatur aus dem letzten Monat der Gültigkeitsdauer dieser Marke, denn schon 13 Tage später erschien am 18.4.1861 eine neue Freimarkenserie, zwar mit dem gleichen Portrait Hidalgos, aber in geänderten Farbtönen. Absender des in deutscher Sprache verfassten Faltbriefs war „L. Höltzner“ aus Veracruz, Empfänger die „Señores Jorge Berkenbusch & Co.“ in Puebla. Offenbar war dem Absender an einer besonders schnellen Zustellung seines Briefs gelegen, denn er verfügte am oberen linken Briefrand „p(er) Express“, also Eilboten-Zustellung, wofür er 4 statt 2 Reales und damit das doppelte Porto berappen musste. Das am 3.4.1861 verfasste Schreiben befasst sich mit „1 Kiste Silber wie von Ihnen erhalten und baar [sic!] fl (= Gulden) 8.500.-“, deren erfolgten Verschiffung „per englischem Steamer“ nach London und den dadurch angefallenen zusätzlich vom Empfänger zu entrichtenden „Exportzoll, Verschiffungskosten und Commission“ mit insgesamt 327,71 Gulden, alles „mit freundschaftlichen Grüßen“ in Rechnung gestellt. Aufgrund eines handschriftlichen Empfängervermerks wissen wir, dass die Expresspost schon 2 Tage nach Abstempelung der Marke am 7.4.1861 in Puebla ankam. Derweil befanden sich die „1 Kiste Silber“ samt Barschaft auf dem Seeweg nach London.