In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zerfiel das spanische Kolonialreich Mittel- und Südamerikas, das aus mehreren Vizekönigreichen wie z. B. Neugranada bestanden hatte. Diese suchten und fanden ihre Unabhängigkeit vom spanischen Mutterland. 1819 entstand Großkolumbien, von dem sich mehrere Staaten aber wieder abspalteten. Das verbliebene Gebiet nannte sich ab 1831 wieder „Neugranada“ und ab 1863 zu Ehren von Christoph Kolumbus Kolumbien.
Demgemäß ist der nachstehende Brief aus dem Jahre 1858 von Frankreich noch nach „Nouvelle Granade“, also „Neugranada“ und dessen Hauptstadt Bogotá gerichtet:
Es handelt sich genau genommen um eine Briefvorderseite, da Briefinhalt und Rückseite nicht mehr vorhanden sind. Der Brief, der am 31.08.1858 gemäß vorhandenem Zweikreisstempel in Paris aufgegeben wurde, ist mit einem 5er-Streifen der 80 Centimes-Marke karmin, geschnittene Ausgabe mit dem Portrait Kaiser Napoleons III. frankiert und einem Rollenstempel de petits points sauber entwertet. Der äußerst farbfrische Streifen ist an den drei rechten Marken unten leicht angeschnitten, aber dafür sonst allseits breit –bis überrandig. Betrachtet man aber die rechte Marke des Streifens, so fällt eine wichtige und wertvolle Besonderheit auf: Der Kopf des Kaisers, genauer gesagt die ganze Marke steht auf dem Kopf! Es handelt sich um eines der seltenen Kehrdruckpaare (tête bêche) der frühen Markenausgaben Frankreichs, bei denen in der Druckplatte vereinzelt ein Markenklischee kopfstehend eingesetzt wurde, ob nun absichtlich oder versehentlich. Die meisten dieser ohnehin sehr seltenen Zusammendrucke blieben unbeachtet und wurden in einzelne Marken zerschnitten, sodass heute solche Paare noch seltener sind. Ein Kehrdruckpaar der 80 Centimes Napoléon non dentelé ist daher eine Rarität, noch dazu im farbfrischen 5er-Streifen und dies auf einem Brief nach Südamerika. Vielleicht handelt es sich sogar um ein Unikat.
Der Brief wurde über London und vermutlich Southampton (oder Liverpool) mit einem britischen Postschiff zum Hafen Santa Marta an der kolumbianischen Karibikküste befördert, wie der glasklar abgeschlagene Transitstempel und die Gebührenstempel beweisen. Es ist davon auszugehen, dass der Brief über Land bestimmungsgemäß fast 1.000 km weit in die Landesmitte nach Bogotá weiterbefördert wurde. Leider fehlen aber Ankunftsstempel oder handschriftliche Eingangsvermerke. Insgesamt handelt es sich um einen sehr beeindruckenden und optisch schönen Beleg.